21. Mai 2021 Thema: Aktuelles Von Sarah Ryglewski
Mit dem Finanzmarktintegrationsstärkungsgesetz (FISG) werden gesetzgeberische Konsequenzen aus dem Wirecard-Skandal gezogen. Die Strukturen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) werden gestrafft, die Haftung der Wirtschaftsprüfer deutlich verschärft und die Bilanzkontrolle einstufig organisiert.
Der Deutsche Bundestag hat in dieser Woche das Finanzmarktintegrationsstärkungsgesetz (FISG) verabschiedet. Damit ziehen wir die Konsequenzen aus dem Wirecard-Betrugsskandal. Wir geben der künftigen BaFin-Leitung damit mehr Kompetenzen und stärken den finanziellen Verbraucherschutz. So erhält die Finanzaufsicht nochmal deutlich mehr Biss.
Eine zentrale Rolle im Wirecard-Skandal nehmen die Wirtschaftsprüfer ein. Ernst & Young, eines der größten Wirtschaftsprüfungsunternehmen am Markt, deren Aufgabe es eigentlich ist die ordnungsmäßige Buchführung eines Unternehmens entlang der einschlägigen Vorschriften über Jahresabschlüssen zu prüfen, hat bei Wirecard nicht ordnungsgemäß geprüft, nachlässig gehandelt und Pflichten verletzt. Zehn Jahre lang hatte Ernst & Young die Bilanzen des damals aufstrebenden Fintechs uneingeschränkt abgesegnet – bis zum vergangenen Sommer, als der mutmaßliche Milliardenbetrug aufflog.
Deshalb werden nun die Vorgaben zur internen Rotation der Wirtschaftsprüfer verschärft, sodass die verantwortlichen Prüfer nach spätestens fünf Jahren wechseln müssen. Zudem verschärfen wir die Haftung für fehlerhaftes Verhalten. So wird, wie in anderen großen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, gegenüber Unternehmen von öffentlichem Interesse die unbeschränkte Haftung bei grober Fahrlässigkeit eingeführt.
In den parlamentarischen Beratungen haben wir Erkenntnisse aus der Arbeit des Untersuchungsausschusses eingearbeitet. So wird die Abschlussprüferaufsichtsstelle der Wirtschaftsprüfer (APAS) zu mehr Transparenz und besserer Kommunikation verpflichtet.
Die Finanzaufsicht ist zukünftig direkt für die Bilanzkontrolle zuständig. Die sogenannte Bilanzpolizei ist Geschichte und wird in die BaFin integriert. Damit kann sie künftig eigenständig forensische Prüfungen durchführen, wenn der Verdacht von Bilanzverstößen besteht. Das stellt einen echten Neuanfang zur Bekämpfung von Bilanzbetrug dar. Zudem soll die BaFin ein Prüfungsrecht gegenüber allen kapitalmarktorientierten Unternehmen erhalten sowie das Recht, die Öffentlichkeit früher als bisher über ihr Vorgehen bei der Bilanzkontrolle zu informieren.
Um Zweifel an der Integrität der BaFin auszuschließen, soll Beschäftigten der BaFin der Handel mit bestimmten Finanzinstrumenten untersagt werden. Denn starke, vertrauenswürdige Finanzmärkte brauchen eine glaubhafte und zuverlässige Aufsicht.
In Zukunft haben Geschädigte zudem bessere Möglichkeiten, Schäden aus Pflichtverletzungen ersetzt zu bekommen. Damit machen wir Prüfungsleistungen in den allermeisten Fällen versicherbar, auch wenn das Grundziel des Gesetzes natürlich darin besteht, Aufsichtsprobleme zukünftig gänzlich zu vermeiden. Das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz setzt die zentralen Elemente des von Bundesfinanzminister Scholz erarbeiteten Aktionsplans zur Stärkung der Bilanzkontrolle und Finanzmarktaufsicht um und ist ein wichtiger Schritt, um das Vertrauen in den deutschen Finanzmarkt wieder herzustellen.