19. Juni 2020 Thema: Aktuelles Von Sarah Ryglewski
Der Deutsche Bundestag hat den Weg für eine Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes freigemacht. Die Hürden für Investitionen und Firmenübernahmen in Deutschland durch Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten werden dadurch erhöht – sofern es um „systemrelevante“ und „sensible“ Bereiche der deutschen Wirtschaft geht.
Der Bundestag hat in dieser Woche den Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD zur ersten Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes abschließend beraten.
Durch das Gesetz wird der Verkauf von Unternehmen an außereuropäische Erwerber zukünftig mit neuen und deutlich strengeren Maßstäben durch das Bundeswirtschaftsministerium geprüft. Nicht zuletzt die Diskussionen um geplante chinesische Beteiligungen am Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz oder der Erwerb des Roboterherstellers Kuka durch chinesische Investoren hat die Notwendigkeit einer Investitionsprüfung stärker in den öffentlichen Fokus gerückt.
Bei der Novellierung des Prüfverfahrens, das in dieser Woche in zweiter und dritter Lesung abschließend beraten wird, geht es darum, zukünftig kritische Unternehmenserwerbe „vorausschauender“ prüfen zu können mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Wirtschaft nachhaltig zu sichern und sie vor einem Ausverkauf zu bewahren. Da in letzter Zeit vermehrt auch andere EU-Mitgliedstaaten entsprechende Prüfverfahren eingeführt haben, rücken nun auch die europäischen Auswirkungen von Unternehmensübernahmen stärker in den Fokus der Prüfung. Künftig kommt es darauf an, ob ein Erwerb zu einer „voraussichtlichen Beeinträchtigung“ der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit in Deutschland oder Europa führt. Bisher war eine „tatsächliche Gefährdung“ maßgeblich.
Deutschland hat sich seit 2017 gemeinsam mit Frankreich und Italien auf europäischer Ebene für eine Änderung der Rahmenbedingungen innerhalb der EU für die Überprüfung von Direktinvestitionen durch Unionsfremde eingesetzt: Die Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten im Bereich der Investitionsprüfung sollte verbessert und gleichzeitig sollten zusätzliche Handlungsspielräume für die nationalen Gesetzgeber erschlossen werden. Mit dem in dieser Woche verabschiedeten Gesetzentwurf wird das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) an die Vorgaben dieses neuen unionsrechtlichen Rahmens für die weiterhin allein in mitgliedstaatlicher Verantwortung liegende Investitionsprüfung angepasst. Darüber hinaus wird eine Regelungs- und Verfolgungslücke geschlossen, um die Effektivität der Investitionsprüfung im Hinblick auf rechtliche oder faktische Vollzugshandlungen während des Prüfverfahrens abzusichern. Abflüsse von Informationen oder Technologie, die gravierende Folgen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit Deutschlands haben können, müssen auch während einer laufenden Erwerbsprüfung zuverlässig verhindert werden können. Hinzu kommen Änderungen, die sich aus den Erfahrungen der behördlichen Prüfpraxis der letzten Jahre ableiten.
Die Stärkung der deutschen Regeln zur Prüfung von Investitionen und Firmenübernahmen durch Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten erfolgt dabei mit Augenmaß und im Bewusstsein der Bedeutung ausländischer Direktinvestitionen für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Die Attraktivität Deutschlands als Investitionsstandort wird dadurch nicht berührt.