25. März 2020 Thema: Aktuelles Von Sarah Ryglewski
Mit einem neuen Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie hat der Bundestag zahlreiche Änderungen im Zivil-, Insolvenz- und Strafrecht verabschiedet. So wird zum Beispiel der Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter vorübergehend gestärkt oder die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen gelockert. Außerdem können Gerichte strafgerichtliche Hauptverhandlungen unterbrechen, wenn sie wegen der Pandemie nicht stattfinden können.
Stärkung des Kündigungsschutzes für Mieterinnen und Mieter
Niemand soll wegen der Coronakrise seine Wohnung verlieren, niemandem soll der Strom oder das Internet abgestellt werden. Die Bundesregierung hat ein Gesetzentwurf beschlossen, mit dem Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Kleinstunternehmen, die aufgrund der Coronakrise ihre Miete oder Leistungen der Grundversorgung nicht bezahlen können, geschützt werden sollen.
Menschen, die aufgrund der Coronakrise zwischen dem 1. April und 30. Juni 2020 ihre Miete für Wohn- bzw. Gewerbeflächen nicht bezahlen können, dürfen nicht gekündigt werden. Eine generelle Zahlungspflicht bleibt jedoch bestehen. Diese Regelung gilt zunächst bis 30. Juni 2020 und könnte unter bestimmten Voraussetzungen verlängert werden. Zudem beinhaltet das Gesetz die Gewährung eines Zahlungsaufschubs bei fortlaufenden Verpflichtungen, damit auch eine unterbrechungsfreie Grundversorgung der Menschen mit z.B. Strom oder Internet sichergestellt werden kann.
Nicht nur Mieter, sondern auch Darlehensnehmer leiden unter der Krise. Deshalb können Zahlungspflichten aus Verbraucherdarlehensverträgen, die bis zum 30. Juni 2020 fällig werden, gesetzlich um drei Monaten geschoben werden, wenn der Schuldner aufgrund der Pandemie-Folgen nicht zahlungsfähig ist. Dies gilt beispielsweise für nicht-gewerbliche Vermieter, die ihre Immobilie abzahlen müssen. Soweit für die Zeit nach dem 30. Juni 2020 keine einvernehmliche Lösung zwischen Darlehensgeber und Verbraucherin bzw. Verbraucher gefunden werden kann, sind die Zahlungen wieder aufzunehmen. Damit aber in einer Übergangszeit die laufenden und die gestundeten Raten nicht doppelt bezahlt werden müssen, wird der Vertrag insgesamt um drei Monate verlängert.
Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
Damit Unternehmen nicht Konkurs anmelden müssen, wenn sich staatliche Hilfen zeitlich verzögern, wird die Insolvenzantragspflicht bis Ende September ausgesetzt. Des Weiteren wird es Haftungserleichterungen für Geschäftsleiter für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife geben. Außerdem werden Anreize geschaffen, den betroffenen Unternehmen Liquidität zuzuführen und die Geschäftsbeziehungen zu diesen aufrechtzuerhalten. Für einen dreimonatigen Übergangszeitraum soll auch das Recht der Gläubiger eingeschränkt werden, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen.
Erleichterungen zur Durchführung von Hauptversammlungen
Bestimmte Rechtsformen müssen auch trotz derzeit beschränkter Versammlungsmöglichkeiten in der Lage sein, erforderliche Beschlüsse zu fassen und handlungsfähig zu bleiben. Hierzu werden vorübergehend Erleichterungen zur Durchführung von Hauptversammlungen der Aktiengesellschaft (AG), Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), des Versicherungsvereins a. G. (VVaG) und der Europäischen Gesellschaft (SE) sowie für Gesellschafterversammlungen der GmbH, General- und Vertreterversammlungen der Genossenschaft und Mitgliederversammlungen von Vereinen geschaffen. So kann der Vorstand einer AG, KGaA und SE auch ohne Satzungsermächtigung eine Online-Teilnahme an der Hauptversammlung ermöglichen. Zudem wird erstmalig die Möglichkeit einer präsenzlosen Hauptversammlung geschaffen. Die Einberufungsfrist kann auf 21 Tage verkürzt werden. Auch ohne Satzungsregelung soll dem Vorstand ermöglicht werden, Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn vorzunehmen. Für Genossenschaften und Vereine werden ebenfalls vorübergehend Erleichterungen geschaffen. So können auch hier Versammlungen präsenzlos durchgeführt werden oder Beschlüsse außerhalb von Versammlungen gefasst werden, ohne die Satzung zu ändern. Um die Finanzierung der Gemeinschaften der Wohnungseigentümer sicherzustellen, wird angeordnet, dass der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans fort gilt.
Die Regelungen sollen zunächst für das Jahr 2020 gelten und können durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) im Wege der Verordnung auf das Jahr 2021 verlängert werden.
Unterbrechung von Strafverhandlungen möglich
Gerichten wird vorübergehend für ein Jahr erlaubt, eine strafgerichtliche Hauptverhandlung für maximal drei Monate und zehn Tage zu unterbrechen, wenn sie aufgrund der Corona-Pandemie nicht durchgeführt werden kann.