22. Oktober 2020 Thema: Aktuelles Von Sarah Ryglewski
Die zivile Luftfahrt befindet sich in der Krise. Der Flugzeugbauer Airbus hat angekündigt, deutschlandweit rund 5000 Stellen abzubauen. Über die Auswirkungen auf den Standort Bremen und mögliche Perspektiven habe ich mit dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden von Airbus Operations, Torsten Olthoff, gesprochen.
Auch in Bremen sind die zivile Luftfahrtsparte von Airbus und das Tochterunternehmen Premium Aerotec betroffen. Der Betriebsrat hat mit dem Unternehmen einen Sozialplan ausgehandelt, nach dem es bis Ende März 2021 keine betriebsbedingten Kündigungen am Standort Bremen geben wird. Das Unternehmen setzt darauf, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Hilfe von Abfindungsprogrammen oder durch den Wechsel in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft freiwillig aus dem Unternehmen ausscheiden. Der Sozialplan schafft Luft für die Entwicklung weiterer Maßnahmen zur Überbrückung der Krise und eines Zukunftskonzepts für den Standort Bremen.
Wichtig für die Überbrückung der Krise ist auch eine Verlängerung der Sonderregelungen beim Kurzarbeitergeld über den 31.12.2020 hinaus. Mit einem gerade von der Bundesregierung in den Bundestag eingebrachten Gesetzentwurf für ein Beschäftigungssicherungsgesetz sollen nun Anschlussregelungen für das nächste Jahr geschaffen werden, die bis Ende 2021 für alle Beschäftigten gelten, wenn die Kurzarbeit bis Ende März 2021 beginnt. Parallel dazu wird über Verordnungen geregelt, dass das Kurzarbeitergeld auch im nächsten Jahr leichter in Anspruch genommen und länger bezogen werden kann. Nähere Informationen gibt es dazu beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Über die Krisenbewältigung hinaus ist die Entwicklung einer Perspektive für die zivile Luftfahrt und eines tragfähigen Zukunftskonzepts für den Airbus-Standort Bremen unabdingbar. Die Betriebsräte haben mit dem Unternehmen die Entwicklung einer Standortstrategie unter Beteiligung von IG Metall, Wissenschaft und Politik verabredet. Ein wichtiges Kriterium ist dabei, dass das Werk Bremen nicht von der Wertschöpfungskette, also dem Bau neuer Flugzeuge, abgekoppelt werden darf.
Dass die (zivile) Luftfahrt in Zukunft anders aussehen wird, hat sich bereits vor der Pandemie abgezeichnet. Der gesellschaftliche Druck zur Entwicklung alternativer, klimafreundlicherer Antriebe ist groß. Gerade in der Luftfahrt wird der Einsatz von alternativen, aus regenerativem Strom hergestellten Kraftstoffen wie Wasserstoff (PtX, eFuels) den Umstieg auf die klimaneutrale Mobilität ermöglichen. Für den Airbus-Standort Bremen bietet die Nähe zum Forschungs- und Technologiezentrum ECOMAT (“Center for Eco-efficient Materials & Technologies”) und die Zusammenarbeit mit dem DLR am ECOMAT gute Voraussetzungen für die Entwicklung klimaneutraler Flugtechnologie.
Doch Zukunftssicherung wird es nicht zum Nulltarif geben. Bei den Tarifverhandlungen geht es deshalb neben der tariflichen Reduzierung der Arbeitszeit auch um die Absicherung der Auszubildenden.
Gerade für den Luft- und Raumfahrtstandort Bremen ist es extrem wichtig, Know-how nicht durch Personalabwanderung zu verlieren. Mit Blick auf die Zukunft darf die Ausbildung nicht vergessen werden. Es müssen Instrumente entwickelt werden, um auch in der Krise die Ausbildungsbereitschaft zu erhalten und zu erhöhen. Dabei sind auch große Unternehmen wie Airbus in der Verantwortung.